• Die deutsche Wirtschaft, die vielen als der Motor Europas gilt, ist in den letzten Jahren ins Wanken geraten.

  • Der ursprüngliche Auslöser des Konjunktureinbruchs war die Energiekrise, heute leidet Deutschland dagegen vor allem unter einem drastischen Rückgang der Auslandsnachfrage, insbesondere aus China.

  • Konjunkturmaßnahmen der Regierung und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen sowie am Arbeitsmarkt könnten zu einer Erholung beitragen.
     

„Deutschland ist für die wirtschaftliche Stabilität der Eurozone von großer Bedeutung. Eine schwache deutsche Konjunktur hat Auswirkungen auf den Rest des Währungsraums – selbst wenn andere Volkswirtschaften wachsen.“

Jumana Saleheen, Ph.D.

Vanguard Head of Investment Strategy Group, Europe, und Chief European Economist


Mageres Wachstum könnte leider auf Jahre hinaus zum Markenzeichen der deutschen Wirtschaft werden. Das Land steht vor drei strukturellen Problemen: hohe Exportabhängigkeit, eine alternde Bevölkerung und stagnierende Produktivität. Eine schwache Konjunktur in Deutschland belastet die Wirtschaftsleistung der EU – selbst wenn andere europäische Volkswirtschaften wachsen.

Warum die Energiekrise nur ein Teil des Problems ist

Viele halten die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise für die Ursache der deutschen Malaise, und für die Jahre 2022 und 2023 mag dies größtenteils auch zutreffen. Für das abgelaufene Jahr zeichnen Daten jedoch ein anderes Bild.

Die deutsche Wirtschaft ist in hohem Maße vom Export abhängig. Zwar sind die Energiepreise im Vergleich zu dem Niveau vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs nach wie vor hoch, die deutsche Handelsbilanz und Kennzahlen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft haben jedoch inzwischen wieder annähernd ihr Vor-Krisen-Niveau erreicht. Deutschland hat sich mit bemerkenswerter Geschwindigkeit angepasst und Alternativen zu russischem Öl und Gas gefunden. Das Ergebnis: Deutsche Unternehmen produzieren heute mehr mit weniger.

Nach der Energiekrise: Deutschland ist wieder wettbewerbsfähig

Ein Liniendiagramm zeigt den deutschen Terms of Trade Index für die Jahre 2010 bis 2024. Der Index schwankt von 2010 bis 2021 zwischen 97 und 110. Im Jahr 2022 („Energiekrise“) sinkt er dann drastisch auf 92, bevor er im Jahr 2023 wieder auf über 102 ansteigt.

Anmerkungen: Die Grafik zeigt den deutschen Terms of Trade Index von Bloomberg, also das Verhältnis von Exportpreisen zu Importpreisen. Vanguard hat den Index auf einen Wert von 100 per Jahresende 2010 umbasiert.

Quellen: Vanguard auf Grundlage von Daten von Bloomberg und der Deutschen Bundesbank; Stand: 30. September 2024.

Die Energiekrise ist also nicht mehr verantwortlich für die deutsche Wachstumsschwäche. Ursache für die schlechte Konjunktur in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres war vielmehr vor allem ein deutlicher Rückgang der Auslandsnachfrage – insbesondere aus China.

Hohe Exportabhängigkeit, demografischer Wandel, schwaches Produktivitätswachstum

Für sein Wachstum vertraut Deutschland zu sehr auf Exporte, vor allem nach China. Zudem erstreckt sich die Abhängigkeit nicht nur auf Exporte, sondern auch auf Importe, die zur Herstellung deutscher Waren notwendig sind: Rund 43% der deutschen Industriezweige sind auf chinesische Einfuhren angewiesen. Zwar räumen 81% der deutschen Hersteller ein, dass es „schwierig“ oder sogar „sehr schwierig“ wäre, kritische Vorprodukte aus China zu ersetzen; die Mehrheit (60%) hat jedoch nach eigenen Angaben bisher nichts unternommen, um diese Abhängigkeit zu reduzieren.1

Das macht Deutschland anfällig für zunehmende Restriktionen im Welthandel, sowohl auf der Import- als auch auf der Exportseite.

Dazu kommt: Genau wie in anderen Industrieländern ist die demografische Entwicklung auch in Deutschland negativ. In den letzten zehn Jahren hat die Zuwanderung die schrumpfende einheimische Erwerbsbevölkerung ausgeglichen. Ob dies auch in Zukunft gelingen kann, ist in Anbetracht möglicher politischer Veränderungen ungewiss.

Auch das schwache Produktivitätswachstum bremst die Wirtschaft. Fehlende Investitionen in Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), ein unflexibler Arbeitsmarkt und bürokratische Hürden hemmen Innovationen und eine effiziente Ressourcenallokation.

Kein Grund für Schwarzmalerei

Ein Vergleich mit Japan zu Beginn der Neunzigerjahre drängt sich an dieser Stelle fast auf – und könnte zu dem Schluss verleiten, Deutschland stünde womöglich an der Schwelle zu seinem eigenen verlorenen Jahrzehnt. Doch ganz so düster sieht es nicht aus.

Zum einen hat die Regierung zuletzt eine Reform der sogenannten Schuldenbremse ins Spiel gebracht, die einen ausgeglichenen Haushalt vorschreibt. Ein solcher Schritt wäre zu begrüßen, insbesondere wenn dadurch größere Investitionen in neue Technologien wie künstliche Intelligenz zur Förderung des Produktivitätswachstums möglich würden. Zum anderen könnten Strukturreformen, insbesondere solche, die die Rahmenbedingungen für Unternehmen und am Arbeitsmarkt verbessern, maßgeblich zu einer wirtschaftlichen Erholung beitragen.

Deutschland hat sich während der Energiekrise als äußerst resilient erwiesen, man sollte das Land daher nicht zu schnell abschreiben. Ein Misstrauensvotum gegen die derzeitige Regierung am 16. Dezember 2024, das vorgezogene Parlamentswahlen im Februar zur Folge hat, unterstreicht den Wunsch nach Veränderung. Die Probleme des Landes bleiben jedoch – unabhängig vom Ausgang der Wahlen – gewaltig und lassen sich nur in Zusammenarbeit mit dem gesamten Euroraum lösen.

Angaben auf Grundlage der aktuellsten verfügbaren Umfragedaten von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dem Statistischen Bundesamt und dem Bundesbank Online Panel; Stand: 30. September 2023.


Dies ist eine Marketingmitteilung.

Wichtige Hinweise zu Anlagerisiken

Kapitalanlagen sind mit Risiken verbunden. Der Wert der Investitionen und die daraus resultierenden Erträge können steigen oder fallen, und Anleger:innen erhalten den ursprünglich investierten Betrag unter Umständen nicht in voller Höhe zurück. Es besteht das Risiko eines Totalverlustes.

Wichtige allgemeine Hinweise

Vanguard stellt nur Informationen zu Produkten und Dienstleistungen bereit und erteilt keine Anlageberatung basierend auf individuellen Umständen. Wenn Sie Fragen zu Ihrer Anlageentscheidung oder zur Eignung bzw. Angemessenheit der beschriebenen des/der Produkts/Produkte haben, wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.

Die hier enthaltenen Informationen sind nicht als Angebot oder Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren in irgendeiner Gerichtsbarkeit zu verstehen, in der ein solches Angebot oder eine solche Aufforderung rechtswidrig ist, oder gegenüber Personen, gegenüber denen ein solches Angebot oder eine solche Aufforderung gesetzlich nicht gemacht werden darf, oder wenn derjenige, der das Angebot oder die Aufforderung macht, dafür nicht qualifiziert ist. Die Informationen stellen keine Rechts-, Steuer- oder Anlageberatung dar. Sie dürfen sich deshalb bei Anlageentscheidungen nicht auf den Inhalt verlassen.

Herausgegeben von der Vanguard Group Europe GmbH, die in Deutschland von der BaFin reguliert wird.

© 2025 Vanguard Group Europe GmbH. Alle Rechte vorbehalten.en.

4159276