Die jüngsten Wirtschaftsdaten aus den USA unterstützen unsere Einschätzung, dass das Wachstum zwar nachlässt, aber noch immer solide ist und der Arbeitsmarkt nicht einbricht, sondern sich nur abkühlt.
Zudem zeichnen die Daten aus dem Euroraum und Großbritannien ein unterschiedliches Bild der verschiedenen Volkswirtschaften, während die nachlassende Dynamik in China mehr staatliche Konjunkturpakete erfordern könnte, um die nachlassende Wirtschaftsleistung wiederzubeleben.
Die US-Notenbank (Fed) hat ihren Senkungszyklus im September mit einem großen Schritt gestartet und das Leitzins-Zielband um 50 Basispunkte (BP)1 auf 4,75% bis 5% gesenkt. In unserem Basisszenario rechnen wir im November und Dezember mit weiteren Zinssenkungen um jeweils 25 BP.
Jüngste Revisionen der wichtigsten Konjunkturdaten deuten darauf hin, dass es Wirtschaft und Privathaushalten besser geht als zum Zeitpunkt der Zinssenkung im September zunächst angenommen. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die offiziellen BIP-Daten des dritten Quartals unter der jüngsten Fed-Schätzung von 3,2% liegen werden. Für das Gesamtjahr erwarten wir ein Wachstum von über 2%.
Die 12-Monats-Gesamtinflation sank von 2,5% im August auf 2,4% im September und übertraf damit – angetrieben vom größten monatlichen Sprung der Dienstleistungspreise seit März (+0,6%; ohne Wohnpreise) – die Erwartungen. Der Index der persönlichen Kernverbrauchsausgaben (PCE) misst die Kerninflation über 12 Monate und ist der bevorzugte Inflationsindikator der Fed; im August kletterte er von 2,6% im Juli auf 2,7%. Die PCE-Kerninflation schließt die volatilen Lebensmittel- und Energiepreise aus. Aufgrund von Basiseffekten bzw. einer schwierigen Vergleichsbasis aus dem Vorjahr erwarten wir bis zum Jahresende einen Anstieg des Indikators auf 2,8%.
Die aktuellen Arbeitsmarktdaten sind wesentlich besser als erwartet: Mit 254.000 neugeschaffenen Arbeitsplätzen außerhalb der Landwirtschaft wurde der Konsens im September um 100.000 Arbeitsplätze übertroffen. Die Arbeitslosenquote fiel im selben Monat von 4,2% auf 4,1%. Unserer Ansicht nach waren die Diskussionen über eine Abkühlung des Arbeitsmarktes in den vergangenen Monaten übertrieben, denn der Anstieg der Arbeitslosenquote in diesem Jahr war nicht auf Arbeitsplatzverluste zurückzuführen, sondern auf einen Zuwachs bei der Erwerbsbevölkerung. So dürfte die Arbeitslosenquote zum Ende des Jahres knapp über dem derzeitigen Niveau liegen.
Im Euroraum geht die Wachstumsdynamik deutlich zurück und Deutschland befindet sich an der Schwelle zur Rezession. Wir vertreten schon lange die Sicht, dass die letzten Meter auf dem Weg zur Zielinflationsrate die schwersten sind – und die hohe Dienstleistungsinflation unterstreicht diese Einschätzung.
Für die Europäische Zentralbank (EZB), die sowohl im Juni als auch im September die Leitzinsen um 25 BP gesenkt hat, kristallisiert sich ein neues Risikoprofil heraus. Denn nun belastet die restriktive Geld- und Finanzpolitik die Wirtschaftsleistung, während gleichzeitig der Preisdruck schneller nachlässt als erwartet.
Auf ihrer Sitzung im Oktober kündigte die EZB eine weitere Zinssenkung um 25 BP an; im Dezember dürfte noch eine folgen, womit der Leitzins zum Jahresende bei 3% liegen würde. Bis Mitte nächsten Jahres rechnen wir mit weiteren Kürzungen auf 2% bis 2,5%.
Allerdings würden ein resilienterer US-Arbeitsmarkt und die Aussichten auf signifikante Konjunkturprogramme in China mit möglicherweise positiven Auswirkungen auf die europäische Exportwirtschaft die für das erste Halbjahr 2025 erwartete, recht aggressive Zinssenkungsphase vor Probleme stellen.
Laut aktuellen Daten hat das Wachstum im dritten Quartal nachgelassen, was unter anderem an einem bereits seit zwei Jahren anhaltenden Tief im verarbeitenden Gewerbe liegt. Das BIP hatte im zweiten Quartal um nur 0,2% gegenüber dem ersten angezogen; unsere Wachstumsprognose für das Gesamtjahr 2024 beträgt nach zuvor 0,8% jetzt nur noch 0,6%.
Die 12-Monats-Gesamtinflation sank von 2,2% im August auf 1,7% im September, was vor allem einem 6,1-prozentigen Einbruch der Energiepreise in diesem Zeitraum zuzuschreiben war. Die Kerninflation (ohne die volatilen Preise für Lebensmittel, Energie, Alkohol und Tabak) ging den zweiten Monat in Folge geringfügig auf nunmehr 2,7% zurück. Unserer Einschätzung nach wird die 12-Monats-Kerninflation bis zum Jahresende auf etwa 2,5% sinken und 2025 das Zielniveau der EZB erreichen.
Die Arbeitslosenquote blieb im August auf einem Rekordtief von 6,4% (saisonbereinigt) und dürfte bis zum Ende des Jahres auf dem derzeitigen Niveau verharren. 2025 ist dann infolge einer stärkeren Wachstumsbremse eine Arbeitslosenquote im hohen 6%-Bereich zu erwarten.
In Großbritannien deuten die jüngsten Verlautbarungen des BoE-Governeurs Andrew Bailey auf einen Kurswechsel der britischen Zentralbank, die sich nun mehr vom globalen Umfeld – einschließlich der zuletzt lockereren Geldpolitik von Fed und EZB – leiten zu lassen scheint.
Infolgedessen rechnen wir auf den nächsten zwei BoE-Sitzungen im November und Dezember mit einer Zinssenkung von jeweils 25 BP. Damit würde der Leitzins bis zum Jahresende von derzeit 5% auf 4,5% zurückgehen. An unserer Prognose einer weiteren Lockerung der Zinsschraube (-100 BP) im kommenden Jahr halten wir fest.
Die korrigierten BIP-Daten für das zweite Quartal zeugten von einem Wachstum, das nicht ganz so stark ausfiel wie ursprünglich ausgewiesen. So stieg das BIP zwischen April und Juni um 0,5%, nachdem zunächst ein Plus von 0,6% erwartet worden war. Wir haben unsere Wachstumsprognose 2024 von 1,2% auf 1% zurückgenommen.
Der neue britische Haushalt soll am 30. Oktober veröffentlicht werden. Vieles bleibt unklar. Derweil halten wir nach Maßnahmen Ausschau, die das langfristige Wirtschaftswachstum und die Produktivität ankurbeln könnten – und zwar vor allem durch höhere öffentliche und private Investitionen.
Die 12-Monats-Gesamtinflation sank von 2,2% im August auf 1,7% im September, während die Kerninflation (ohne die volatilen Lebensmittel-, Energie-, Alkohol- und Tabakpreise) in den 12 Monaten bis September von 3,6% im August auf 3,2% zurückging. Bis Ende Dezember dürfte sie unseren Schätzungen zufolge auf ca. 2,8% zurückfallen und das 2%-Ziel der Bank of England in der zweiten Jahreshälfte 2025 erreichen.
Auf dem Arbeitsmarkt kühlte sich das Lohnwachstum in den drei Monaten bis August weiter ab, während die Arbeitslosenquote von 4,1% auf 4% nachgab. Ein weiteres Indiz für den schwächelnden Arbeitsmarkt ist die rückläufige Anzahl offener Stellen.
Das chinesische Finanzministerium (MoF) kündigte im Oktober ein Konjunkturpaket an, mit dem das Land sein BIP-Wachstumsziel 2024 von 5% erreichen soll, doch exakte Zahlen wurden nicht vorgelegt, was bei einigen Marktteilnehmern für Enttäuschung sorgte. Unserer Meinung nach legen die Entwicklungen nahe, dass signifikante fiskalpolitische Impulse zu erwarten sind. Mit Informationen dazu rechnen wir gegen Monatsende.
Nach der Finanzspritze der People‘s Bank of China (PBoC) von 800 Milliarden Yuan hellte sich die Stimmung am Markt deutlich auf und der chinesische Aktienmarkt legte mit einem Plus von 32% im September eine wahre Rallye hin.
Das BIP des zweiten Quartals verzeichnete ein Wachstum von 4,7% gegenüber dem Vorjahreszeitraum, wenngleich unerwartet schwache Zahlen aus dem Einzelhandel und der Industrieproduktion auf eine Abkühlung der Konjunktur hindeuten. Dennoch gehen wir davon aus, dass China sein 5%-Wachstumsziel für 2024 erreichen wird – sofern das staatliche Konjunkturpaket rechtzeitig anläuft.
Die Gesamtinflationsrate verlangsamte sich im 12-Monats-Zeitraum bis September auf 0,4%; diese Entwicklung war insbesondere höheren Lebensmittelpreisen zuzuschreiben. Die 12-Monats-Kerninflation sank von 0,3% im August auf lediglich 0,1% im September. Für das Gesamtjahr 2024 erwarten wir eine Gesamtinflation von 0,8% sowie eine Kerninflation von knapp 1,0%.
Ein Blick auf den Arbeitsmarkt zeigt eine Steigerung der Arbeitslosenquote auf 5,3% im August, als neue Berufsanfänger in den Arbeitsmarkt eintraten. In den verbleibenden Monaten des Jahres dürfte die Arbeitslosenquote in etwa auf dem jetzigen Niveau verharren.
Diese Angaben entsprechen der internen Einschätzung des Global Economics and Markets Team der Vanguard Investment Strategy Group (ISG) per 16. Oktober 2024.
Nach der letzten Auswertung des Vanguard Capital Markets Model® (VCMM) haben wir unseren 10-Jahres-Ausblick für wichtige Märkte mit Daten per 30. Juni 2024 aktualisiert.
In den kommenden zehn Jahren erwarten wir die nachstehenden Nominalrenditen (jeweils in Landeswährung der Anlegerinnen und Anleger in den entsprechenden Wirtschaftsräumen)2:
1 Ein Basispunkt ist ein Hundertstel eines Prozentpunkts.
2 Die Zahlen beruhen auf einer Bereichsleiste mit einer Genauigkeit von zwei Punkten für Aktien bzw. einem Punkt für Anleihen (jeweils um das 50. Perzentil). Die Zahlen in Klammern geben die Medianvolatilität an.
WICHTIGER HINWEIS: Die Prognosen sowie andere Informationen, die von dem Vanguard Capital Markets Model® generiert werden und die Wahrscheinlichkeit verschiedener Anlagerergebnisse zum Gegenstand haben, sind naturgemäß hypothetisch, stellen keine tatsächlichen Anlagerergebnisse dar und garantieren keine zukünftigen Erträge. Die Ergebnisse des Modells werden mit jeder Nutzung sowie im Laufe der Zeit variieren. Die Prognosen des VCMM basieren auf statistischen Analysen und historischen Daten. Zukünftige Renditen können von den im VCMM erfassten historischen Mustern abweichen. Noch wichtiger ist jedoch, dass das VCMM extrem negative Szenarios unterschätzen kann, die in den historischen Zeiträumen, auf denen die Modellschätzungen beruhen, nicht vorkamen.
Das Vanguard Capital Markets Model® ist ein firmeneigenes Finanz-Simulationsinstrument. Es wurde von den primären Investment-Research- und Beratungsteams von Vanguard entwickelt und wird von diesen gewartet. Das Modell prognostiziert die Verteilung zukünftiger Renditen für zahlreiche Assetklassen. Zu diesen Assetklassen gehören die US-amerikanischen und internationalen Aktienmärkte, US-Treasuries und Unternehmensanleihen mit verschiedenen Laufzeiten, internationale Anleihemärkte, US-Geldmärkte, Rohstoffe sowie bestimmte alternative Anlagestrategien. Die theoretische und empirische Grundlage des Vanguard Capital Markets Model ist die Beziehung zwischen Rendite und Risiko: Die Renditen zahlreicher Assetklassen sind der von Anlegern im Gegenzug für bestimmte Arten von systematischem Risiko (Beta) verlangte Ausgleich. Das Modell beruht im Kern auf Schätzungen der dynamischen statistischen Beziehung zwischen Risikofaktoren und Asset-Renditen. Diese erhalten wir durch statistische Analyse monatlicher Finanz- und Wirtschaftsdaten, die bis in das Jahr 1960 zurückreichen. Mithilfe eines Systems von Gleichungsschätzungen führt das Modell eine Monte Carlo-Simulation durch, um die geschätzten Zusammenhänge zwischen Risikofaktoren und Assetklassen sowie Ungewissheit und Zufälle langfristig zu prognostizieren. Das Modell generiert eine große Anzahl simulierter Ergebnisse für jede Assetklasse über verschiedene Zeiträume. Die Prognosen werden durch Berechnung der Zentraltendenzen in diesen Simulationen gewonnen. Die Ergebnisse des Modells variieren mit jeder Nutzung sowie im Laufe der Zeit.
Der Wert des VCMM liegt primär in seiner Anwendung für die Analyse potenzieller Kundenportfolios. VCMM-Prognosen für einzelne Assetklassen – bestehend aus Verteilungen der erwarteten Renditen, Volatilitäten und Korrelationen – sind der Schlüssel zur Bewertung potenzieller Verlustrisiken, verschiedener Risiko-Rendite-Zielkonflikte sowie der Diversifizierungsvorteile unterschiedlicher Anlageklassen. Zwar werden mit jeder Renditeverteilung auch Zentraltendenzen generiert, allerdings lassen sich die Ergebnisse des VCMM am effektivsten nutzen, indem man das gesamte Spektrum möglicher Ergebnisse für die untersuchten Assetklassen betrachtet.
Das VCMM generiert ein breites Spektrum möglicher Ergebnisse und soll so die Unsicherheit von Prognosen darstellen. Es ist wichtig zu verstehen, dass das VCMM den Renditeverteilungen keine „Normalität“ aufzwingt, sondern vielmehr von den sogenannten „Fat Tails“ (Extremrisiken) und der Schiefe in der empirischen Verteilung der modellierten Assetklassenrenditen beeinflusst wird. Innerhalb eines breiten Ergebnisspektrums können Anlegerinnen und Anleger sehr unterschiedliche Ergebnisse erzielen, was die Vielfältigkeit der möglichen zukünftigen Pfade unterstreicht. Tatsächlich ist dies einer der wichtigsten Gründe, warum wir Renditeprognosen als Verteilung darstellen.
Wichtige Hinweise zu Anlagerisiken
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