Ein Kommentar von Kunal Mehta, Head of Fixed Income Specialist Team, und Maija Sankauskaite, Investment Analyst, Global Credit Research, Vanguard2, Europe. 

 

  • Die jüngste Krise im Bankensektor war aus unserer Sicht das Ergebnis idiosynkratischer Probleme einzelner Institute und kein Anzeichen einer tieferen Bankenkrise.
  • Für Anlegerinnen und Anleger, die in aktive Unternehmensanleihefonds investieren, sollten die Ereignisse jedoch als Frühwarnzeichen dienen und daran erinnern, dass steigende Zinsen ein Risiko für diese Assetklasse darstellen.
  • Aufgrund der restriktiveren Geldpolitik erwarten die Märkte eine Rezession, Fundamentalanalyse und Wertpapierauswahl werden daher für aktive Anleihestrategien immer wichtiger.

 

Die jüngste Krise im Bankensektor war in mehrfacher Hinsicht das Ergebnis idiosynkratischer Probleme einzelner Institute und somit kein Vorbote einer tieferen Bankenkrise.

Der Silicon Valley Bank wurden eine schlechte Expansionsstrategie und falsches Aktiv-Passiv-Management zum Verhängnis: Die Bank hatte ihre schnell wachsenden Einlagen in Wertpapiere mit längerer Laufzeit investiert, ohne sich jedoch ausreichend gegen das Risiko steigender Zinsen abzusichern. Als die Zinsen dann stiegen, fürchteten die Kundinnen und Kunden der Bank, die überwiegend aus dem kalifornischen Technologiesektor kamen, um ihre Einlagen, weshalb es zu einem Bank Run kam.

Die europäische Credit Suisse befand sich dagegen bereits mitten in einem Umstrukturierungsversuch – eine Folge früherer Managementfehler und Rentabilitätsprobleme – als Anlegerinnen und Anleger im März zunehmend nervöser wurden. Die Schweizer Behörden sahen sich gezwungen, einzugreifen und eine Fusion mit der konkurrierenden Schweizer Banken- und Finanzdienstleistungsgruppe UBS zu arrangieren.

Für Anlegerinnen und Anleger, die in aktive Unternehmensanleihefonds investieren, sollten die Ereignisse als Frühwarnzeichen dienen und daran erinnern, dass steigende Zinsen ein Risiko für diese Assetklasse darstellen.

Liquidität im Fokus

Zunächst das Wichtigste: Es ist eher unwahrscheinlich, dass wir eine Bankenkrise wie im Jahr 2008 sehen werden. Der globale Bankensektor befindet sich in einer wesentlich komfortableren Lage als während der Finanzkrise, die Aktivaqualität der Banken ist höher1 und ihre Kapitalreserven, die im Krisenfall Verluste absorbieren könnten, sind größer2.

Nach den öffentlichkeitswirksamen Ereignissen der letzten Wochen wird jedoch ein gewisses Misstrauen bleiben, zumal sich die Lage laufend ändert und die Risiken angesichts höherer Zinsen und einer drohenden Rezession steigen. Die Saat des Zweifels am Bankensystem ist unwiderruflich gesetzt, die Märkte warten in Alarmbereitschaft darauf, dass das nächstschwächste Glied in der Bankenkette zerbricht.

Zwar sind höhere Zinsen grundsätzlich positiv für die Rentabilität des Sektors, doch das rasante Tempo, mit dem die Zentralbanken im vergangenen Jahr die Zinsen angehoben haben, belastet unweigerlich die Assetqualität der Banken. Besondere Aufmerksamkeit erfordert daher aus unserer Sicht die Konzentration von Nischenbanken in zyklischen Sektoren (z. B. Immobilien und Schifffahrt) sowie die hohen Staatsschulden in einigen Bankensystemen (u. a. in Italien und Spanien).

Auch auf die Liquidität werden die Märkte genauer achten. In Europa beispielsweise verfügen die Banken im Allgemeinen über eine solide Liquiditätsdeckung, die risikoarmen Liquiditätsportfolios[3] bestehen überwiegend aus Barmitteln. Nur ein kleiner Teil Anleihen wird zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet; die meisten Anleihebestände stehen dagegen zum Marktwert in den Bilanzen, der ihrem tatsächlichen Wert in der Regel eher entspricht und das Risiko größerer stiller Verluste begrenzt. Allerdings stand auch die Credit Suisse kurz vor ihrer Zwangsübernahme durch die UBS relativ solide da, weshalb Anlegerinnen und Anleger die aufsichtsrechtlichen Liquiditätsdeckungsquoten wahrscheinlich weiterhin mit Skepsis betrachten werden.

Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse haben deutlich gemacht, dass ein Liquiditätsabfluss eine Bank im Zeitalter der sozialen Medien sehr schnell zu Fall bringen kann, wenn das Vertrauen der Anlegerinnen und Sparer erst einmal verloren ist.

Eine Folge der Krise: höhere Finanzierungskosten

Eine schwerwiegende Folge der Bankenkrise und des Vertrauensverlusts sind steigende Refinanzierungskosten: Banken müssen heute höheren Zinsen auf ihre Anleihen zahlen, vor allem kleinere Banken und nachrangige Anleiheinstrumente sind betroffen.4 Dies wiederum könnte dazu führen, dass die Banken ihre Kreditvergabebedingungen verschärfen, was eine Rezession wahrscheinlicher machen könnte.

Und nicht nur die Banken bekommen die höheren Finanzierungskosten zu spüren: Weil die Zentralbanken seit Anfang 2022 die Zügel anziehen, ist Geld für alle teurer geworden. Finanziell schwächere Unternehmen werden daher weiterhin schwer an Kapital kommen, weshalb hier eine gewisse Vorsicht angebracht ist. Wir investieren in dem aktuellen Umfeld daher weiterhin bevorzugt in Unternehmensanleihen mit höherer Qualität.

Wenn Geld teurer wird, achten Anlegerinnen und Anleger meist auch genauer darauf, wie es verwendet wird, da die Kosten im Verlustfall höher sind. Und bei Anlageentscheidungen vermeiden sie im Zweifelsfall riskantere Assetklassen und Strukturen. Vor allem werden sie deutlich höhere Risikoprämien für nachrangige Instrumente und bedingte Wandelanleihen wie z. B. AT1-Anleihen (ergänzendes Kernkapital) verlangen – die AT1-Anleihen der Credit Suisse wurden im Rahmen der Zwangsübernahme vollständig abgeschrieben. Zwar handelt es sich hierbei um etablierte und anerkannte Assetklassen, doch sind sie auch komplexer und wurden bisher nie in einer größeren Krise auf die Probe gestellt.

Fokus auf Fundamentaldaten

Aufgrund der restriktiveren Geldpolitik erwarten die Märkte eine Rezession, Fundamentalanalyse und Wertpapierauswahl werden daher für aktive Anleihestrategien immer wichtiger. In Zeiten zunehmender Verwerfungen an den Unternehmensanleihemärkten können sich sorgfältige Auswahl risikoarmer Emittenten sowie strenge Szenarioanalysen und Stresstests für aktiv verwaltete Anleiheportfolios auszahlen.

Die Ereignisse im Bankensektor der letzten Monate zeigen auch, dass Anlegerinnen und Anleger die Instrumente verstehen sollten, in die sie investieren, und zwar jenseits ihres Renditepotenzials. Erfolgreiche Anleihestrategien zeichnen sich nicht nur dadurch aus, dass sie Renditepotenzial ausschöpfen, sondern auch und vor allem dadurch, dass sie Verlustrisiken begrenzen.

In einem riskanteren Marktumfeld haben zudem die Manager kosteneffizienter aktiver Fonds – wie Vanguard – einen klaren Vorteil: Wenn die erwarteten Renditen nicht hoch genug sind, um Risiken zu kompensieren (zum Beispiel das Risiko einer sich abzeichnenden Rezession), können wir die Risiken in unseren Portfolios reduzieren und auf eine defensivere Strategie umstellen.

Wettbewerbsfonds können dagegen unter Druck geraten und sich gezwungen sehen, ihre höheren Gebühren durch höhere Risiken auszugleichen. So können wir in guten Zeiten dieselben Renditen anstreben wie andere Fonds – und in schlechten Zeiten bessere.

 

1 Maßgeblich für die Aktivaqualität einer Bank ist im Wesentlichen das Kreditportfolio. Eine wichtige Kennzahl ist der Anteil notleidender Kredite im Verhältnis zum Gesamtkreditvolumen. 

2 Quelle: Vanguard.

3 Quelle: Aggregierte Daten der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde für Banken im Euroraum und in Skandinavien, Risk Dashboard; und EU-weite Transparenzübung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde im Jahr 2022.

4 Quelle: Vanguard.

Wichtige Hinweise zu Anlagerisiken

Der Wert der Investitionen und die daraus resultierenden Erträge können steigen oder fallen, und Investoren können Verluste auf ihrer Investitionen erleiden.

Manche Fonds investieren in Schwellenländern, die im Vergleich zu entwickelteren Märkten volatiler sein können. Infolgedessen kann der Wert Ihrer Anlagen steigen oder fallen.

Fonds, die in festverzinsliche Wertpapiere investieren, bergen das Risiko eines Zahlungsausfalls bei Rückzahlungen und einer Beeinträchtigung des Kapitalwerts Ihrer Investition. Außerdem kann das Ertragsniveau schwanken. Änderungen der Zinssätze haben wahrscheinlich Auswirkungen auf den Kapitalwert von festverzinslichen Wertpapieren. Unternehmensanleihen können höhere Erträge abwerfen, bergen aber auch ein höheres Kreditrisiko. Dadurch steigt das Risiko eines Zahlungsausfalls bei Rückzahlungen und einer Beeinträchtigung des Kapitalwerts Ihrer Investition. Das Ertragsniveau kann schwanken und Änderungen der Zinssätze haben wahrscheinlich Auswirkungen auf den Kapitalwert von Anleihen.

Wichtige allgemeine Hinweise

Nur für professionelle Anleger (nach den Kriterien der MiFID II-Richtlinie), die auf eigene Rechnung investieren (einschließlich Verwaltungsgesellschaften (Dachfonds) und professionelle Kunden, die im Namen ihrer diskretionären Kunden investieren). In der Schweiz nur für professionelle Anleger. Nicht für die öffentliche Verbreitung bestimmt.

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